Die Versorgung kranker Obdachloser in Hamburg steht vor einem Kollaps – das offenbaren jüngste Berichte des ehrenamtlichen Kältebusses und sozialpolitische Analysen. Statt den eigentlich vorgesehenen Aufgaben, wie dem Verteilen von warmen Getränken und Mahlzeiten, wird der Kältebus zunehmend für Krankentransporte zweckentfremdet. Besonders drastisch: Die Berichte über obdachlose Menschen, die bei frostigen Temperaturen vor Krankenhäusern abgewiesen und dann vom Kältebus in Unterkünfte gefahren werden mussten, häufen sich.
Erst kürzlich wurde bekannt, dass ein obdachloser Mann auf einer Liege bei drei Grad Celsius vor die Tür eines Krankenhauses geschoben wurde. Erneut musste der Kältebus aushelfen, da reguläre Rettungsdienste die Versorgung nicht sicherstellen konnten. Noch erschütternder ist der Fall einer obdachlosen Frau, die vergangene Nacht von einem Rettungswagen quer durch Hamburg transportiert wurde – von einer Einrichtung zur nächsten. Doch keine war bereit oder in der Lage, sie aufzunehmen.
Kritik am Senat: Fehlendes Krisenmanagement und Missachtung von Warnungen
Die Kritik an dieser Entwicklung wird zunehmend lauter. Andreas Grutzeck, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, wirft dem Senat eklatantes Versagen vor:
„Der Senat schafft es inzwischen nicht mal mehr, Obdachlosigkeit zu verwalten, obwohl diese zu beenden das eigentliche Ziel war. Der Senat hat gedacht, er kann alles so laufen lassen wie beim vergangenen Winternotprogramm und hat alle Hinweise aus der Obdachlosenhilfe ignoriert, dass es immer mehr Obdachlose gibt, die zudem immer häufiger gesundheitlich angeschlagen sind. Nun läuft alles aus dem Ruder, wie die aktuellen Berichte offenbaren.“
Grutzeck betont die dringende Notwendigkeit einer besseren Koordination medizinischer Hilfen, wie sie von der CDU-Fraktion bereits in der Bürgerschaft gefordert wurde (Drs. 22/13940). Doch bislang scheint der Senat weder handlungsfähig noch bereit, die strukturellen Defizite anzugehen.
Ein System am Limit
Die geschilderten Vorfälle sind keine Einzelfälle. Bereits im vergangenen Winter wurde der Kältebus laut Medienberichten 44 Mal von Krankenhäusern für den Transport von Obdachlosen in Unterkünfte genutzt. Eine Zahl, die verdeutlicht, wie überfordert das Hilfesystem schon damals war. Doch anstatt gegenzusteuern, scheint die Situation in diesem Winter vollständig zu eskalieren.
Für die Betroffenen – sowohl die obdachlosen Menschen als auch die Mitarbeitenden in den Hilfsorganisationen – ist die Lage mehr als frustrierend. Die Infrastruktur zur Unterstützung der Schwächsten der Gesellschaft bricht unter dem Druck zusammen. Und mit ihr das Vertrauen in die Fähigkeit des Senats, eine humanitäre Krise effektiv zu bewältigen.
Forderungen an die Politik
Es braucht dringend einen Kurswechsel. Neben einer verbesserten medizinischen Koordination fordert die Opposition auch eine klare Strategie zur Vermeidung solcher Notlagen. Akute Maßnahmen, wie die Bereitstellung zusätzlicher Unterkünfte und die Entlastung der Rettungsdienste, sind ebenso unerlässlich wie langfristige Programme zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit.
Die aktuellen Zustände dürfen nicht zum Standard werden – doch ohne ein entschiedenes Eingreifen droht genau das. Hamburg, einst Vorzeigemodell für soziale Hilfsprogramme, verliert die Kontrolle über eine der drängendsten sozialen Herausforderungen unserer Zeit.