Neues Grundsteuerrecht für Hamburg – Was ist geplant?
Der Senat hat den Gesetzentwurf für ein neues Grundsteuergesetz in die Bürgerschaft eingebracht. Damit macht Hamburg von der im Rahmen der Grundsteuerreform eingeräumten Öffnungsklausel für eigene Länderregelungen Gebrauch. Ziel ist es, dass die stark ansteigende Bodenwertentwicklung nicht auf die Grundsteuer 1:1 durchschlägt und das Wohnen zusätzlich verteuert. Das neue Modell würde ab 2025 gelten. Wir haben uns als Hamburger CDU frühzeitig für die Öffnungsklausel bei der Grundsteuer eingesetzt und eine eigene Landesregelung gefordert, um die Mieten möglichst konstant zu halten.
Wie der Senat mitteilt, wurde am 16. März ein Gesetzentwurf zur neuen Hamburger Grundsteuer beschlossen und der Bürgerschaft zur weiteren Beratung vorgelegt. Die bisherige Einheitsbewertung für die Grundsteuer wurde durch das Bundesverfassungsgericht im April 2018 für verfassungswidrig erklärt. Im Zuge der Verabschiedung des neuen bundesrechtlichen Grundsteuer- und Bewertungsrechts wurde 2019 eine Öffnungsklausel vereinbart, die es den Ländern ermöglicht, ein eigenes Modell anzuwenden. Hamburg hatte sich schon 2020 entschieden, einen eigenen Weg zu gehen, um zu vermeiden, dass die stark ansteigende Bodenwertentwicklung auf die Grundsteuer in Hamburg 1:1 durchschlägt und das Wohnen zusätzlich verteuert. Der Senat setzt für das ab 2025 geltende Hamburgische Grundsteuergesetz auf ein sogenanntes Wohnlagemodell.
Der Senat teilt mit:
Wie wird die Grundsteuer zukünftig berechnet?
Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt in drei Schritten.
1. Ermittlung des Grundsteuerwertes (Bewertungsebene)
2. Ermittlung der Grundsteuermesszahl (Messbetragsebene)
3. Berechnung der Grundsteuer (Hebesatzebene)
Ermittlung des Grundsteuerwertes (Bewertungsebene)
Die Ermittlung der Grundsteuerwerte erfolgt anhand von Äquivalenzzahlen multipliziert mit der Grundstücks- beziehungsweise Gebäudefläche. Künftig sollen unabhängig von ihrer Nutzung Grundstücksflächen mit 0,04 Euro/Quadratmeter multipliziert werden und Gebäudeflächen mit 0,50 Euro/Quadratmeter.
Beispiel: Einfamilienhaus, normale Wohnlage, Grundstücksfläche 1.000 qm, Wohnfläche 100 qm
Bewertungsebene:
Grund und Boden: 1.000 qm x 0,04 Euro/qm = 40 Euro
Gebäude: 100 qm x 0,50 Euro/qm = 50 Euro
Grundsteuerwert: 90 Euro
Die unterschiedlichen Äquivalenzzahlen bestimmen keine Wertverhältnisse. Sie bilden lediglich Relationen ab, anhand derer die Kostentragung für öffentliche Leistungen zugeordnet wird, die dem örtlichen Grundstückseigentümer bezogen auf sein Steuerobjekt zu Gute kommen und nicht bereits durch besondere Gebühren und Beiträge abgegolten sind. Annahme ist: Wer viel Wohn- und Grundstücksfläche hat, profitiert mehr von öffentlichen Gütern wie Schulen, Brandschutz, Räumungsdiensten, Spielplätzen. Die Fläche ist somit der alleinige Bewertungsmaßstab, der im Sinne des Bundesverfassungsgerichts dazu geeignet ist, die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden.
Ermittlung der Grundsteuermesszahl (Messbetragsebene)
Der Messbetrag wird aus dem Ergebnis der Bewertungsebene, dem Grundsteuerwert, ermittelt. Der Grundsteuerwert für das Gebäude wird mit der jeweiligen Messzahl multipliziert. Die Messzahl bildet die Begünstigung verschiedener Parameter ab.
Beispiel: Einfamilienhaus, normale Wohnlage, Grundstücksfläche 1.000 qm, Wohnfläche 100 qm
Messbetragsebene:
Messzahl (Grund und Boden): 1 x 40 Euro = 40 Euro
Messzahl (Wohnen): 0,7 x 0,75 = 0,525
(Ermäßigung für Wohnen 30%) x (Lageermäßigung 25%)
0,525 x 50 Euro 26,25 Euro
Grundsteuermessbetrag: = 66,25 Euro
Im Bereich der Steuermesszahlen ist aus sozial- und wohnungspolitischen Gründen für Gebäudeflächen, die zu Wohnzwecken genutzt werden, eine Begünstigung von 30% gegenüber Gebäudeflächen, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, vorgesehen. Diese Ursprungsmesszahl wird bei normalen Wohnlagen im Gegensatz zu guten Wohnlagen zusätzlich begünstigt, um Stadtentwicklungsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Insgesamt führt das Gesetz somit tendenziell zu einer Begünstigung des günstigen Wohnens.
Berechnung der Grundsteuer (Hebesatzebene)
Um die Grundsteuer zu ermitteln, wird der Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz multipliziert. Der Hebesatz ist neben den Grundsteuermesszahlen das zentrale Instrument, um die Aufkommensneutralität zu gewährleisten. Er wird erst nach der Hauptfeststellung 2024 feststehen. Als fiktives Beispiel wird hier ein Hebesatz von 1.000% angenommen.
Beispiel: Einfamilienhaus, normale Wohnlage, Grundstücksfläche 1.000 qm, Wohnfläche 100 qm
Grundsteuer:
Hebesatz 1.000 % x 66,25 Euro Grundsteuermessbetrag = 662,50 Euro pro Jahr
Welche Ermäßigungen sind geplant?
Die Messzahlen reduzieren sich durch die gesetzlichen Ermäßigungen auf
• Wohnen: 70% (also 30% „Rabatt“)
• Wohnen (in der normale Wohnlage, d.h. 0,7×0,75): 52,5%
• Wohnen (im Denkmal, d.h. 0,7×0,75): 52,5%
• Wohnen (in Sozialwohnungen, d.h. 0,7×0,75): 52,5%
• Wohnen (in normaler Wohnlage UND im Denkmal , d.h. 0,7×0,75×0,75): ca. 39,4%
• Wohnen (in normaler Wohnlage UND in Sozialwohnung): ca. 39,4%
• Wohnen (in Sozialwohnung UND im Denkmal): ca. 39,4%
• Wohnen (normale Wohnlage UND in Sozialwohnung UND im Denkmal): ca. 29,5%
Was ist die Grundsteuer C?
Es wird neben der Grundsteuer A (für Land- und Forstwirtschaft, keine Abweichung vom Bundesrecht) und Grundsteuer B (für Grund und Boden und Gebäude, die nicht land- und forstwirtschaftlich genutzt werden), auch eine neue Grundsteuer C geben. Über einen gesonderten, höheren Hebesatz werden baureife, unbebaute Grundstücke besteuert. Dies soll Spekulationen mit für den Wohnungsbau geeigneten Grundstücken verhindern und gezielt die Wohnungsbauaktivität im Interesse der städtebaulichen Entwicklung fördern. Die Details (Wer ist betroffen und wie viel?) werden nun erarbeitet und bis 2024 auf den Weg gebracht.
Was gilt für Gewerbegrundstücke?
Da es kein Gewerbelagenverzeichnis als Maßstab gibt, kommt keine Ermäßigung wie im Be reich Wohnen in Betracht. Es wird aber – neben den allgemeinen Erlassregelungen – eine gesonderte Härtefallregelung für besonders gelagerte Fälle im gewerblichen Bereich geben. Ein solcher Härtefall kann zum Beispiel bei einem groben Missverhältnis zwischen der Inanspruchnahme der kommunalen Infrastruktur und der Kostenanlastung gegenüber dem Grundstückseigentümer vorliegen (z.B. eine sehr große Gebäudefläche bei einer sehr geringen faktischen Nutzbarkeit).
Warum geht Hamburg einen eigenen Weg bei der Grundsteuer?
Hamburg hat sich auf Basis mehrerer Proberechnungen, nach breiter Erörterung in Senat und Bürgerschaft sowie nach Konsultation aller Beteiligten (diverse Werkstattgespräche mit Kammern und Verbänden) in 2020 zur Nutzung der Öffnungsklausel entschieden. Im Rahmen der Proberechnungen hat sich die grobe Tendenz gezeigt, dass das von Hamburg favorisierte Wohnlagemodell im Bereich „Wohnen“ zu einer weniger heterogenen Belastungstendenz als das Bundesrecht kommt und die Belastungswirkungen im Metropolbereich eher dämpft. Das Bundesrecht hat für Hamburg insgesamt erhebliche Nachteile:
• Es ist schwer administrierbar.
• Verfassungsrechtlich bedenkliche Belastungsentscheidung und Ausgestaltungen (vgl. die Darstellung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages vom 17.10.2019).
• Das Aufkommen steigt mit der Bodenwertsteigerungen stetig (u.a. mit der Folge laufender Grundsteuererhöhungen und steigender Mietnebenkosten).
• Die teilweise drastischen Bodenwertveränderungen seit der letzten Hauptfeststellung im Jahr 1964 würden 1:1 in die neue Grundsteuer einfließen, mit der Gefahr von übermäßigen Belastungsverschiebungen, von Segregation und im Ergebnis fehlender Akzeptanz.
Wie ist das weitere Verfahren?
Ab dem Jahr 2025 wird die Grundsteuer nach dem neuen Recht berechnet (bis dahin gilt das alte Recht übergangsweise weiter). Auf den 01.01.2022 soll eine neue Hauptfeststellung für das neue Recht erfolgen. Die neuen Feststellungserklärungen werden voraussichtlich ab dem 01.07.2022 abzugeben sein – natürlich primär digital. Steuerpflichtige müssen grundsätzlich nur fünf Angaben machen (Steuer-ID, Name, Belegenheit, Grundfläche und Wohn- bzw. Nutzfläche). Die neue Hamburger Grundsteuer wird im Programmierverbund mit Bayern realisiert; ein behördenübergreifendes Umsetzungsprojekt mit Informationskampagne wird aktuell vorbereitet.
Das Gesamtaufkommen soll insgesamt und innerhalb der beiden Bereiche Wohnen und Gewerbe aufkommensneutral sein. Die Messzahlen und der Hebesatz sollen diesbezüglich ggf. im Jahr 2024 angepasst werden. Die Steuerschätzung geht für das Umstellungsjahr 2025 von einem Volumen von 500 Mio. Euro aus (bei über 400.000 Bewertungseinheiten).
Dazu erklärt Thilo Kleibauer, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion: „Wir haben uns als Hamburger CDU frühzeitig für die Öffnungsklausel bei der Grundsteuer eingesetzt und eine eigene Landesregelung gefordert. Es ist gut, dass auch der Senat erkannt hat, dass das Grundsteuer-Modell von Olaf Scholz auf Basis aktueller Immobilienwerte für Hamburg keine Lösung ist. Ein einfaches und transparentes Modell bei der Grundsteuer auf Basis von Grundstücks- und Gebäudeflächen findet unsere Unterstützung. Eine spezielle Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke sehen wir allerdings weiter sehr skeptisch. Dies ist eine Alibi-Lösung, die schon einmal gescheitert ist.
Für uns ist klar: Die Grundsteuerreform darf nicht zu massiven Zusatzkosten für Mieter und Eigentümer in unserer Stadt führen. Dies gilt für Wohngebäude, aber auch für gewerblich genutzte Immobilien, zu denen der Finanzsenator bislang kaum Daten vorlegen konnte. Hier müssen jetzt die Einzelheiten im Gesetzgebungsverfahren sorgfältig und ohne Zeitdruck geprüft werden, damit die Reform rechtssicher umgesetzt werden kann. Ganz wichtig ist dabei auch eine frühzeitige Information der betroffenen Steuerpflichtigen über die anstehenden Änderungen.