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Hamburgs Wasserstoffstrategie: Ambitionierte Pläne, aber kaum Fortschritte – Warum die Stadt im Vergleich hinterherhinkt

Hamburg hat weitreichende Pläne für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, um die CO₂-Emissionen der Industrie zu senken und eine nachhaltige Energieversorgung zu fördern. Die Strategie umfasst den Ausbau eines 60 Kilometer langen Wasserstoff-Industrienetzes (HH-WIN), das vor allem energieintensive Unternehmen im Hamburger Hafen versorgen soll. Hinzu kommen geplante Elektrolyseanlagen, Importterminals und Förderungen für industrielle Wasserstoffprojekte. Ziel ist es, Hamburg als Knotenpunkt der Wasserstoffwirtschaft im Norden zu etablieren und bis 2045 klimaneutral zu werden. Doch ein Blick auf den aktuellen Stand der Umsetzung wirft die Frage auf, ob diese Ziele realistisch sind – oder ob Hamburg wertvolle Zeit verliert.

Ein zentraler Kritikpunkt ist, dass viele der geplanten Maßnahmen erst in einigen Jahren greifen sollen. Der Bau des HH-WIN-Netzes soll frühestens 2027 abgeschlossen sein, und auch die großflächige Umstellung bestehender Gasinfrastrukturen für den Wasserstofftransport steckt noch in der Prüfphase. Während andere Städte und Regionen bereits Wasserstoffnetze etabliert haben und erfolgreich Pilotprojekte umsetzen, befindet sich Hamburg größtenteils noch in der Planungsphase. Die lange Vorlaufzeit bei wichtigen Projekten wie dem Ammoniak-Importterminal und dem Ausbau von Elektrolysekapazitäten legt nahe, dass Hamburg den Anschluss an die Vorreiter in der Wasserstoffwirtschaft zu verlieren droht.

Zwar wird die Möglichkeit geprüft, das bestehende Gasverteilnetz für Wasserstoff zu nutzen, doch sind die Untersuchungen dazu noch nicht abgeschlossen. Im Bereich des Hochdruckleitungsnetzes fehlen redundante Strukturen, und weitere technische Anpassungen wären nötig, um den Transport sicherzustellen. Eine Umstellung des Niederdrucknetzes auf Wasserstoff könnte außerdem erhebliche Kosten verursachen, deren Höhe aktuell nicht beziffert werden kann. Bislang gibt es keine endgültigen Studien oder klare Zeitpläne für die Umrüstung. Für eine Stadt, die sich ambitionierte Klimaziele gesetzt hat, sind diese Unsicherheiten ein Rückschritt und ein Zeichen für mangelhafte Weitsicht in der Planung.

Auch die Einbindung der Wirtschaft zeigt Schwächen: Die Pläne zur Dekarbonisierung durch grünen Wasserstoff betreffen vor allem die energieintensive Industrie, während im Bereich der dezentralen Wärmeerzeugung bisher kaum Konzepte zur Einbindung von Wasserstoff vorliegen. Stattdessen bleibt die städtische Wärmeplanung auf klimaneutrale Alternativen wie Geothermie, industrielle Abwärme und Power-to-Heat fokussiert, wobei Wasserstoff hier nur eine geringe Rolle spielt. Diese Entscheidungen deuten darauf hin, dass Hamburg noch nicht voll auf eine flächendeckende Wasserstoffstrategie setzt und den Anschluss an umfassendere, systematische Ansätze zur Energiewende verpasst.

Der Hamburger Senat hat zwar wichtige Schritte unternommen, etwa mit dem Klimaschutzgesetz und dem Aufbau eines „Sustainable Energy Hubs“, doch die bisherigen Maßnahmen zur Förderung von Wasserstoffprojekten scheinen eher fragmentiert als konsequent. In Kooperationen mit anderen Bundesländern und europäischen Nachbarn will Hamburg sich als Standort für die Wasserstoffproduktion und -verteilung etablieren. Die Kooperationen, etwa die „Norddeutsche Wasserstoffstrategie“, bleiben jedoch regional und wenig verbindlich in der Umsetzung. Während Hamburg Fördergelder einwirbt und auf strategische Partnerschaften setzt, mangelt es an konkreten Maßnahmen und einem verbindlichen Fahrplan.

Zusammengefasst hat Hamburg die entscheidende Phase für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft noch vor sich. Die ambitionierten Pläne in den Bereichen Import, Infrastruktur und Industrieversorgung sind ein vielversprechender Ansatz – doch ohne schnelle Umsetzung und konkretere Zielvorgaben laufen diese Pläne Gefahr, zu spät zu greifen. Hamburg muss seine Bemühungen in den nächsten Jahren erheblich verstärken, um tatsächlich die angestrebte Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen und nicht lediglich den Schein eines Vorreiters in der Wasserstoffwirtschaft zu wahren.