Hamburg setzt auf Pflicht statt auf Förderung – und bremst damit den Solarausbau selbst aus. Hohe Zusatzkosten schrecken Eigentümer ab, Sanierungen werden aufgeschoben oder ganz gestrichen. Was fehlt, sind echte Anreize, soziale Gerechtigkeit und eine klare Strategie für wirksamen Klimaschutz.
Trotz ambitionierter Klimaziele und einer gesetzlichen Solarpflicht bei Neubauten und Dachsanierungen bleibt Hamburg in Sachen Photovoltaik-Förderung weiterhin zurückhaltend. Während andere Bundesländer mit gezielten Programmen den Ausbau von Solaranlagen aktiv unterstützen, setzt Hamburg bislang auf Pflichten statt auf Anreize – und verpasst damit die Chance, den PV-Ausbau sozial gerecht und wirkungsvoll zu beschleunigen.
Keine Anzeige- oder Genehmigungspflicht bei Dachsanierungen
Private Haus- oder Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer müssen die Sanierung ihrer Dachflächen nicht anzeigen oder genehmigen lassen. Die Rechtsverordnung sieht keine Anzeigepflicht bzw. kein Genehmigungsverfahren vor. Der Vollzug wird jedoch regelmäßig durch die zuständige Behörde überprüft, die verschiedene Möglichkeiten zur Informationsgewinnung prüft. Eine systematische Erfassung der Sanierungen erfolgt somit bislang nicht.
Fehlende Kontrolle, keine Konsequenzen
Obwohl das Hamburgische Klimaschutzgesetz (§ 33 HmbKliSchG) bei Pflichtverstößen Geldbußen von bis zu 100.000 EUR vorsieht, wurden bisher keine Fälle dokumentiert. Es fehlen klare Zuständigkeiten, eine systematische Überprüfung und spürbare Konsequenzen bei Missachtung. Wer sich an die Regeln hält, zahlt drauf – wer es nicht tut, bleibt unbehelligt. Dieses Ungleichgewicht ist nicht nur ungerecht, sondern untergräbt das Vertrauen in die Gesetzgebung. Einen Zwang, den niemand überprüft, hilft niemanden. Wir brauchen Anreize.
Ausnahmefälle und fehlende Transparenz
Die PV-Pflicht entfällt, wenn sie anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist (§ 16 Abs. 5 HmbKliSchG). Solche Ausnahmen müssen nicht beantragt, sondern lediglich nachgewiesen und zehn Jahre lang aufbewahrt werden. Nur bei unbilliger Härte ist ein Antrag erforderlich – seit Inkrafttreten der novellierten PV-Pflicht wurden vier solcher Anträge gestellt und alle bewilligt.
Anschluss dauert – trotz Onlineportal
Zwar wurde das Genehmigungsverfahren für PV-Anlagen durch Stromnetz Hamburg durch ein Onlineportal vereinfacht, doch auch weiterhin kommt es zu Verzögerungen. Nach der Fusion von Stromnetz Hamburg und Gasnetz Hamburg zur HNE im September 2024 liegt die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei unter vier Wochen – sofern alle Unterlagen vollständig vorliegen.
Hamburg ohne eigene Förderung – andere Bundesländer sind weiter
Während Hamburg auf Verpflichtungen setzt, fördern andere Bundesländer aktiv:
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Baden-Württemberg: Zuschüsse über „Klimaschutz-Plus“
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Bayern: Unterstützung über das „10.000-Häuser-Programm“
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NRW: Förderung durch „progres.nrw“
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Brandenburg: Fördermittel für Balkonkraftwerke
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Rheinland-Pfalz: Eigene Solaroffensive
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Sachsen-Anhalt: Investitionszuschüsse für PV auf Wohngebäuden
In Hamburg hingegen fehlt ein Landesprogramm. Die Folge: Viele Eigentümer verschieben Sanierungen oder führen sie gar nicht durch – aus Sorge vor hohen Zusatzkosten. Ausgerechnet die gesetzliche Pflicht wirkt dadurch oft als Hemmnis für den Klimaschutz.
Balkonkraftwerke: Hohe Hürden für Menschen mit wenig Einkommen
Erst jetzt – Jahre nach einem CDU-Antrag – prüft der Senat eine Förderung für Balkonkraftwerke. Diese sogenannten Stecker-Solargeräte bieten gerade in dicht besiedelten Stadtteilen wie Steilshoop enormes Potenzial: Hochhaussiedlungen könnten zu echten Sonnenkraftwerken werden. Doch bisher mussten Bewohnerinnen und Bewohner die Kosten selbst tragen – ein kaum überwindbares Hindernis für einkommensschwache Haushalte.
Dabei wären Balkonkraftwerke gerade für diese Zielgruppe eine große Chance: Sie senken Stromkosten, schaffen Unabhängigkeit von Energiepreisen und ermöglichen eine aktive Rolle beim Klimaschutz – nicht nur als Zuschauer, sondern als Mitgestalter.
CDU-Initiative als Hoffnungsschimmer
Die CDU hat frühzeitig Impulse gesetzt. Unter ihrem Druck prüft der Senat nun endlich gezielte Fördermaßnahmen – ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn mit den „Hamburger Energielotsen“ sowie dem bundesweiten KfW-Kreditprogramm (270) bereits Unterstützungsangebote existieren, fehlt nach wie vor ein spezifisches Hamburger Förderprogramm. Der Nullsteuersatz auf PV-Anlagen ist hilfreich, reicht aber ohne zusätzliche Zuschüsse kaum aus – insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen.
Fazit: Hamburg hinkt hinterher
Es braucht endlich wie seit langem von der CDU gefordert konkrete finanzielle Anreize, insbesondere für Mieterinnen und Mieter sowie Menschen mit geringem Einkommen. Nur so lässt sich das große Solarpotenzial der Stadt heben – und das Vertrauen in eine gerechte und wirkungsvolle Klimapolitik stärken.
Eine Pflicht zur Installation von PV-Anlagen ist der falsche Weg. Sie führt dazu, dass notwendige Investitionen in die Sanierung von Dächern aufgeschoben oder ganz unterlassen werden – aus Angst vor den hohen Zusatzkosten. Damit verhindert die Pflicht genau das, was sie eigentlich erreichen soll: die energetische Sanierung des Gebäudebestands.
Statt auf starren Zwang braucht es mehr Transparenz, mehr Anreize und eine einfache Anzeigepflicht, die Planungssicherheit schafft. Der tatsächliche Ausbau wird nicht kontrolliert, Verstöße bleiben folgenlos – das Ergebnis: Wer sich an die Vorgaben hält, ist der Dumme. So gelingt kein Umbau. So verspielt Hamburg Vertrauen, Tempo und Klimaschutzwirkung.