Ein Vorstoß der von Senator Anjes Tjarks (43, Grüne) geführten Verkehrsbehörde sorgt in Hamburg für hitzige Diskussionen. Geplant ist, an einer der Haupteinfallsstraßen der Stadt die Radwege von den gesetzlich vorgeschriebenen 1,50 Metern auf großzügige drei Meter zu verbreitern. Die Begründung: Auch Lastenfahrräder sollen sich problemlos überholen können. Doch die Umsetzung dieser Pläne stößt auf Widerstand – vor allem, weil der zusätzliche Platz aus den Vorgärten der Anlieger gewonnen werden soll. Kritiker sprechen bereits von Enteignung.
Vorgärten als Fläche für neue Verkehrswege?
Die Idee wurde vergangenen Mittwoch auf einer Bürgerversammlung vorgestellt, wie das Hamburger Abendblatt berichtet. Im Fokus stehen 4,25 Meter je Straßenseite, die von den privaten Grundstücken abgezweigt werden sollen: 1,50 Meter für breitere Radwege, 0,50 Meter für Gehwege, der Rest für Grünstreifen und eine Verbreiterung der Fahrbahn.
Die Verkehrsbehörde bestätigte gegenüber der BILD die Pläne, die Teil einer „Magistralen-Entwicklung“ seien. Ziel ist es, die Bebauung der Einfallsstraßen zu verdichten und den Platz für alle Verkehrsteilnehmer – Radfahrer, Fußgänger und Autofahrer – neu zu organisieren. Zeitweilig nutzbare Parkstreifen sollen entfallen, damit statt drei künftig vier Fahrspuren möglich sind.
Kritik von Anwohnern: Enteignung oder Vorkaufsrecht?
Die Anwohner sehen sich mit erheblichen Eingriffen konfrontiert: Vorgärten, Stellplätze, Hecken und Abstellflächen für Mülltonnen könnten der Neugestaltung weichen. Für viele bedeutet das nicht nur den Verlust privater Flächen, sondern auch den Verlust von Privatsphäre. Der geschätzte Verkehrswert der betroffenen Flächen liegt bei etwa 100 Euro pro Quadratmeter. Ein Grundstückseigentümer mit 25 Metern Straßenfront würde demnach eine Entschädigung von rund 10.000 Euro erhalten – eine Summe, die viele für unzureichend halten.
Die Verkehrsbehörde versucht zu beschwichtigen: „Es handelt sich lediglich um Vorplanungen“, heißt es. Statt von Enteignung spricht man davon, „Vorkaufsrechte geltend machen zu wollen“. Doch diese Formulierung reicht den Betroffenen nicht aus, um ihre Sorgen zu zerstreuen. Der Plan-Prozess soll voraussichtlich bis 2026 abgeschlossen sein.
Ein Streit um die Zukunft der Stadt
Während die Verkehrsbehörde auf die Vorteile der Umgestaltung hinweist – mehr Sicherheit und Komfort für Radfahrer, effizienterer Verkehr und eine nachhaltigere Stadtentwicklung –, formiert sich Widerstand. Kritiker werfen der Politik vor, auf Kosten der Anwohner Ideologien durchsetzen zu wollen. Ob und in welcher Form die Pläne tatsächlich umgesetzt werden, bleibt offen.