Die Durchgängigkeit von Fließgewässern ist essenziell für den Erhalt der Fischfauna, insbesondere wandernder Arten wie Meerforelle, Lachs und Neunauge. Hamburg hat in den letzten Jahren zahlreiche Fischtreppen errichtet, um den Anforderungen der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gerecht zu werden. Doch die Realität zeigt: Hamburg müsste viel weiter sein. Der Senat stellt nicht genügend Ressourcen bereit, um die ambitionierten EU-Ziele zu erreichen.
Fischtreppen nach Bezirken
Bezirk Altona
- Keine Angaben zu Fischtreppen in diesem Bezirk.
Bezirk Bergedorf
- Brookwetterung (2010):
Kosten: 152.000 €, jährliche Unterhaltungskosten: 3.000 €. Funktional, jedoch wurde der Zulauf an einer Stelle durch Biber verbaut. - Kurfürstenschosse (2009):
Kosten: 290.000 €, jährliche Unterhaltungskosten: 500 €. Funktioniert einwandfrei. - Serrahnwehr (2013):
Kosten: 1,6 Mio. €, jährliche Unterhaltungskosten: 1.500 €. Funktionsfähig.
Bezirk Harburg
- Karnappwehr (ab 2024 in Betrieb):
Baukosten: 1,75 Mio. €, keine Unterhaltskosten bezifferbar. Anlage ist geplant, ihre Funktionsfähigkeit wird noch zu prüfen sein. - Hinter Neuländer Elbdeich 30 (2015):
Kosten: 390.000 €. Nicht funktionsfähig. Die Anlage wird lediglich im Rahmen von Begehungen kontrolliert.
Bezirk Mitte
- Rathausschleuse (2015):
Kosten: 1,37 Mio. €, jährliche Unterhaltungskosten: 30.000 €. Täglich durch Schleusenpersonal gewartet. Problem: Regelmäßige Verschmutzungen durch Müll. - Mühlenschleuse (2016):
Kosten: 2,6 Mio. €, jährliche Unterhaltungskosten: 20.000 €. Funktional, aber ebenfalls durch Müll belastet.
Bezirk Wandsbek
- Marienhof 6 (2021):
Kosten: 1,9 Mio. €, jährliche Unterhaltungskosten: 6.500 €. Funktionsfähig, ein spezifisches Fischmonitoring ist geplant. - Mühlenstraße 9 (2021):
Kosten: 2,35 Mio. €, jährliche Unterhaltungskosten: 4.000 €. Funktionsfähig, Fischmonitoring in Vorbereitung. - Kupferdamm 26 (2003):
Kosten: 500.000 €, jährliche Unterhaltungskosten: 750 €. Problem: Niedrigwasser führt zu ineffizienter Lockströmung. - Am Pulverhof 20a (2018):
Kosten: 205.000 €, jährliche Unterhaltungskosten: 450 €. Funktional. - Herrenhausallee 64:
Altbestand, nicht funktionsfähig. Die Fischtreppe wurde aus Wartung und Prüfung genommen.
Hamburgs Umsetzung der EG-WRRL: Ein kritischer Blick
Die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in Hamburg ist ein Trauerspiel. Während die Anlagen in den meisten Fällen funktionsfähig sind, bleibt die flächendeckende Durchgängigkeit der Gewässer unzureichend. Insbesondere im Unterlauf der Alster bestehen weiterhin massive Barrieren, die eine Durchgängigkeit für wandernde Fischarten verhindern.
Ein noch gravierenderes Problem sind die unzureichenden personellen und finanziellen Ressourcen in den Bezirken. Als Bezirksabgeordneter wurde mir damals von zuständigen Mitarbeitern berichtet, dass die vorhandenen Mittel niemals ausreichen würden, um die EU-Fristen einzuhalten. Bereits damals wurde auf eine Fristverlängerung gehofft – ein Armutszeugnis für die Prioritätensetzung des Senats.
Der Senat bleibt hinter den Anforderungen zurück
Statt ambitioniert zu handeln, verwaltet der Senat lediglich den Mangel. Maßnahmen wie die regelmäßige Verschmutzungsbeseitigung oder der Besatz mit Meerforellen sind zwar positive Ansätze, aber sie greifen zu kurz. Es fehlen strategische Lösungen, um die Durchgängigkeit an allen signifikanten Barrieren sicherzustellen. Auch die Auswirkungen des Klimawandels, wie niedrigere Wasserstände und höhere Temperaturen, wurden bisher nur unzureichend berücksichtigt.
Fazit: Verpasste Chancen und dringender Handlungsbedarf
Hamburgs Fischtreppen zeigen, dass Fortschritte möglich sind – aber sie bleiben Stückwerk. Eine echte Durchgängigkeit im gesamten Flusssystem ist nur erreichbar, wenn der Senat die Priorität deutlich erhöht und mehr Mittel bereitstellt. Angesichts der Herausforderungen ist es beschämend, dass man auf Fristverlängerungen hofft, statt entschlossen zu handeln. Hamburg könnte ein Vorbild für nachhaltige Gewässerbewirtschaftung sein. Stattdessen droht es, die Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie erneut zu verfehlen.