Die Diskussion um die Unterbringung von Geflüchteten in Hamburg zeigt einmal mehr die ungleiche Behandlung, die verschiedene Stadtteile und gesellschaftliche Gruppen erfahren. Während in einigen Gegenden, wie dem Umkreis von einem Kilometer in unserem Viertel, gleich sechs Geflüchtetenunterkünfte errichtet wurden, scheint die Errichtung solcher Einrichtungen in wohlhabenderen Stadtteilen wie Winterhude deutlich größeren Widerständen ausgesetzt zu sein – mit oft schockierenden Ergebnissen.
Das Beispiel Winterhude: Wenn Nachbarn Anwälte einschalten
Die Entscheidung, die ursprünglich geplante Unterkunft für queere Geflüchtete in einer Villa in der Sierichstraße aufzugeben, ist ein fatales Signal. Die Sozialbehörde hatte vorgesehen, 38 besonders schutzbedürftige queere Geflüchtete dort unterzubringen, darunter Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTIQ). Doch auf Druck der Nachbarschaft – unterstützt durch Anwälte – wurden die Pläne verworfen. Stattdessen wird die Villa nun als Unterkunft für alleinerziehende geflüchtete Frauen mit Kindern genutzt.
Es bleibt die Frage: Warum wird die eine schutzbedürftige Gruppe gegen eine andere ausgespielt? Und warum schafft es eine wohlhabende Nachbarschaft, mithilfe juristischer Drohungen, die ursprünglichen Pläne zu kippen, während andere Viertel, die oft weniger finanzstark und politisch einflussreich sind, regelmäßig eine hohe Dichte an Geflüchtetenunterkünften tragen müssen?
Ein ungleiches System: Stadtteile und ihre Lasten
In unserem eigenen Stadtteil wurden t sechs Unterkünfte im Umkreis von nur einem Kilometer errichtet. Eine beachtliche Leistung, die zeigt, dass unsere Nachbarschaft mehr als ihren Beitrag zur Aufnahme von Geflüchteten leistet. Doch warum wird in anderen Gegenden mit weniger sozialen Herausforderungen gezielt verhindert, dass solche Einrichtungen entstehen? Das Beispiel Winterhude offenbart, wie finanzstarke Anwohner mit juristischen Mitteln ihre Interessen durchsetzen – oft auf Kosten der Schwächsten unserer Gesellschaft.
Die Argumentation der Behörde, man habe sich auf „konstruktive Gespräche“ eingelassen, wirkt wie ein schwacher Versuch, die eigene Kapitulation vor wohlhabenden Interessen zu kaschieren. Es ist offensichtlich, dass es hier nicht nur um rechtliche Auseinandersetzungen ging, sondern um die Vermeidung von Unannehmlichkeiten für eine einflussreiche Nachbarschaft.
Ein Appell an die Politik: Gleichbehandlung und Solidarität
Hamburg muss dringend dafür sorgen, dass die Last der Aufnahme von Geflüchteten gerechter verteilt wird und besonders schutzbedürftige Gruppen auch tatsächlich den Schutz erhalten, den sie brauchen. Es darf nicht sein, dass einige Stadtteile regelmäßig überproportional viele Unterkünfte tragen, während andere ihre juristischen Ressourcen mobilisieren, um sich vor sozialer Verantwortung zu drücken.
Die Entscheidung der Sozialbehörde in Winterhude mag als pragmatische Lösung erscheinen, doch sie wirft grundlegende Fragen über soziale Gerechtigkeit und die Durchsetzungsfähigkeit der Stadt auf.
Die Unterbringung von Geflüchteten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – und kein Luxus, den sich nur die Viertel leisten können, die gerade nicht klagen.