Gemeinsam mit meinem Kollegen Markus Kranig habe ich den Hamburger Senat im Rahmen einer Schriftlichen Kleinen Anfrage (Drucksache 23/163) zur angekündigten drastischen Preissteigerung der Hamburger Energiewerke GmbH (HEnW) bei der Fernwärmeversorgung befragt. Die Antworten des Senats werfen dabei mehr Fragen auf, als sie lösen – insbesondere im Hinblick auf die sozialen Auswirkungen für Hamburgs Haushalte.
Preisschock von 30 Prozent – für viele kaum tragbar
Die HEnW plant, den Arbeitspreis für Fernwärme ab Mai 2025 für Neukunden und ab Mitte 2026 sukzessive auch für Bestandskunden von derzeit 10,9 Cent auf 14,2 Cent pro Kilowattstunde netto zu erhöhen. Für einen typischen Haushalt mit 70 m² und einem Jahresverbrauch von 7.500 kWh ergibt sich dadurch eine Mehrbelastung von rund 300 Euro jährlich.
Wie viele Menschen genau betroffen sind? Unklar.
Wir wollten konkret wissen, wie viele Haushalte in Hamburg betroffen sind. Der Senat teilte uns mit, dass aktuell rund 260.000 Haushalte an das zentrale Stadtnetz der HEnW angeschlossen sind. Wie viele davon ab wann genau von der Preisanpassung betroffen sein werden, konnte oder wollte der Senat nicht sagen. Ab Mai 2025 seien ausschließlich Neukunden betroffen – deren Anzahl könne man nicht beziffern. Ab Juli 2026 würden etwa die Hälfte der Bestandsverträge umgestellt, bis Ende 2028 dann die übrigen.
Keine Wahlfreiheit: Fernwärmeversorgung in Monopolstruktur
Ein weiteres zentrales Problem, das wir thematisiert haben: Die monopolartige Struktur der Fernwärmeversorgung. Die HEnW hält mit 78 % Marktanteil eine dominierende Stellung. In 32 Stadtteilen Hamburgs ist jeweils nur ein Anbieter tätig. Verbraucherinnen und Verbraucher haben in der Regel keine Möglichkeit, auf einen anderen Anbieter auszuweichen – sie sind den Preisentscheidungen ihres Fernwärmeversorgers ausgeliefert.
Preisentwicklung der letzten Jahre: Deutlicher Trend nach oben
Der Blick auf die Preisentwicklung der letzten Jahre bestätigt den aktuellen Kurs:
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2020: 7,8 ct/kWh
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2021: 8,2 ct/kWh
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2022: 8,4 ct/kWh
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2023: 13,6 ct/kWh (bedingt durch Energiekrise)
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2024: 12,5 ct/kWh
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2025: 10,9 ct/kWh
Jetzt soll es auf 14,2 ct/kWh steigen – ein neuer Höchststand.
Begründung des Senats: Milliardeninvestitionen in die Wärmewende
Der Senat führt die Preissteigerungen auf hohe Investitionen in die Dekarbonisierung zurück. Bis 2030 sollen die Kohlekraftwerke abgeschaltet und durch klimaneutrale Wärmequellen ersetzt werden. Projekte wie der Energiepark Hafen und die industrielle Abwärmenutzung durch Aurubis sollen dabei helfen. Der Anteil erneuerbarer Energien in der Fernwärme liegt derzeit bei gut 30 %.
Soziale Abfederung? Kaum neue Ansätze
Wir haben auch nach konkreten Maßnahmen gefragt, um die Preissteigerung sozial abzufedern. Der Senat verwies lediglich auf bestehende Leistungen nach dem SGB II und XII sowie auf die Heizkostenkomponente im Wohngeld. Neue Hilfen, Härtefallfonds oder ein gezieltes städtisches Entlastungsprogramm sind offenbar nicht vorgesehen.
VNW warnt – Senat beschwichtigt
Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) warnt davor, dass die Preissteigerung das bezahlbare Wohnen gefährden könnte. Der Senat erkennt zwar die Herausforderungen an, verweist aber auf Förderprogramme, langfristige Effizienzmaßnahmen und zukünftige CO₂-Preisentwicklungen.
Wärmewende ja – aber nicht auf dem Rücken der Haushalte
Die ökologische Transformation der Energieversorgung ist notwendig – aber sie muss sozial verträglich gestaltet sein. Die aktuellen Preissteigerungen setzen viele Hamburgerinnen und Hamburger zusätzlich unter Druck, gerade in Zeiten ohnehin angespannter Wohn- und Lebenshaltungskosten.
Wir fordern den Senat auf, sich für eine kostenneutrale und faire Umsetzung der Wärmewende einzusetzen. Die Wärmewende darf nicht zu einem sozialen Problem werden – sondern muss ein gemeinschaftliches Projekt sein, das niemanden zurücklässt. Transparenz, Wahlfreiheit und soziale Abfederung gehören zwingend dazu.