Jährlich verunglücken in Deutschland bis zu 115 Millionen Vögel, weil sie gegen Glasscheiben fliegen. Dabei stellt Glas eine doppelte Gefahr dar: Transparente Scheiben werden von den Tieren oft nicht als Hindernis erkannt, und stark spiegelnde Oberflächen reflektieren die Umgebung wie Bäume, Büsche oder den Himmel, was den Vögeln einen vermeintlichen Lebensraum vortäuscht. Besonders bekannt wurden die vielen Vogelschläge am Hauptstadtflughafen BER, wo die zahlreichen Glasfronten immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Auch in Hamburg sind Todfunde von Vögeln an Glasflächen keine Seltenheit.
Vogelschlag durch Bauplanung verhindern
„In der Architektur- und Baubranche ist leider immer noch nicht bekannt, welch große Probleme Glas für die Vogelwelt darstellt“, erklärt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg. Eine vom NABU gemeinsam mit der Schweizerischen Vogelwarte und anderen Verbänden herausgegebene Broschüre schafft hier Abhilfe. Anhand zahlreicher Beispiele wird erläutert, wie gefährlich bestimmte Glaskonstruktionen sind und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um Vögel zu schützen.
Besonders problematisch sind stark spiegelnde Scheiben, transparente Balkon- und Eckverglasungen, gläserne Lärmschutzwände, Wartehäuschen und Wintergärten. Eine bewährte Methode, um Kollisionen zu vermeiden, ist die Anbringung von geprüften Vogelschutzmarkierungen. Dabei sollte man auf die bekannten Greifvogelsilhouetten verzichten, da sie Vögel kaum abschrecken. Besser geeignet sind flächige, außen angebrachte Markierungen, die sich deutlich von der Umgebung abheben. Ein Punktraster, das im NABU-Shop erhältlich ist, hat sich in Tests als besonders wirksam erwiesen.
„Nur Markierungen, die sich möglichst großflächig und deutlich abheben, bieten den nötigen Schutz. Besonders Streifenmuster und Punktraster haben sich bewährt. Gleichzeitig hilft eine reduzierte Beleuchtung der Innenräume, dass Vögel nicht vom Licht angezogen werden und schützt zusätzlich den Geldbeutel“, so Marco Sommerfeld, Vogelschutzexperte beim NABU Hamburg.
Neue Broschüre hilft bei Planung und Nachrüstung
Die Broschüre zeigt auf, wie durch eine kluge Bauplanung bereits im Vorfeld auf transparente Glasflächen verzichtet werden kann. Auch bestehende Gebäude können durch gezielte Nachrüstungen vogelfreundlicher gestaltet werden, was sowohl Zeit als auch Kosten spart. Auf diese Weise können viele Vögel vor dem Tod an Glasscheiben bewahrt werden.
Ausstellung in der Hamburger Umweltbehörde
Wer sich in Hamburg weiter über das Thema informieren möchte, hat bis Ende Oktober 2024 die Gelegenheit, die Ausstellung „Der Preis des Glases – Vogelschlag an Glasfassaden“ im Foyer der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) zu besuchen. Die Ausstellung zeigt innovative und ästhetische Lösungen zur Vermeidung von Vogelschlag an Gebäuden. Neben den Fassaden der BUKEA selbst wird auch das Beispiel des Biologie-Neubaus der TU Dresden vorgestellt, dessen Glasflächen durch moderne Markierungen für Vögel sichtbar gemacht wurden. Der Eintritt ist kostenfrei und die Ausstellung kann zu den regulären Öffnungszeiten der BUKEA besucht werden.
Tipps im Umgang mit verletzten Vögeln
Nicht alle Kollisionen enden für die Vögel tödlich. Oft sind sie nach dem Aufprall „nur“ benommen oder leicht verletzt und dadurch eine leichte Beute für Katzen, Ratten und Rabenvögel. Wer einen flugunfähigen Vogel findet, sollte ihn behutsam in eine mit Luftlöchern versehene Schuhschachtel legen. Die Schachtel wird dann an einen warmen, dunklen und ruhigen Ort gestellt, ausgekleidet mit Haushaltspapier. Der Vogel sollte nicht gefüttert oder mit Wasser versorgt werden. Nach zwei bis drei Stunden kann man die Schachtel draußen öffnen und den Vogel, wenn er sich erholt hat, im Grünen und möglichst weit von Gebäuden entfernt wieder freilassen.
Weitere Informationen
Mehr Tipps und die Broschüre „Vogelfreundlich Bauen mit Glas und Licht“ finden Interessierte unter: www.nabu.de/tipps-gegen-vogelschlag.
Mit der richtigen Planung und den passenden Schutzmaßnahmen kann der Tod unzähliger Vögel verhindert werden – und die Transparenz von Glas bleibt nicht länger eine unsichtbare Gefahr für unsere heimische Vogelwelt.